Schemaanpassungen

In unserem Experiment mit den Durchschnittsgesichtern zeigte sich, dass gemorphte Gesichter, die aus vielen Einzelgesichtern berechnet waren, ziemlich attraktiv bewertet wurden. Damit stellte sich die Frage, ob sie deswegen so schön waren, weil ihre Gesichtsproportionen so durchschnittlich waren (= Durchschnittshypothese) oder nur deswegen, weil durch das Morphen (als Nebeneffekt) die Haut feiner und makelloser wurde.

Dazu machten wir folgendes Experiment: Wir näherten mit dem Morphing-Programm für jedes Geschlecht drei unattraktive und drei attraktive Gesichter in ihren Gesichtsproportionen zu 50% an die des Durchschnittsgesichts an. Die Gesichtsoberfläche (d.h. insbesondere die Haut) wurde dabei konstant gehalten und nur die Proportionen wurden durchschnittlicher gemacht. Sämtliche Versionen wurden von Versuchspersonen in einem Paarvergleichsexperiment mit dem Originalgesicht verglichen.

Beispiele:

 

Linkes Bild: Der Prototyp für ein unattraktives weibliches Gesicht wird zu 50% an die Gesichtsproportionen (Schema) des Durchschnittsgesichts angenähert. Das so verzerrte Gesicht wird attraktiver beurteilt als das Original (rechtes Bild). 

Da die Gesichtsoberflächen konstant gehalten und nur die Proportionen verändert sind, folgt daraus, dass die Proportionen des Durchschnittsgesichts attraktiver sind als Proportionen des prototypisch unattraktiven Gesichts.

 

Linkes Bild: Der Prototyp für ein attraktives weibliches Gesicht wird zu 50% an die Gesichtsproportionen (Schema) des Durchschnittsgesichts angenähert. Das so verzerrte Gesicht wird nicht attraktiver beurteilt als das Original (rechtes Bild).
Da die Gesichtsoberflächen konstant gehalten und nur die Proportionen verändert sind, folgt daraus, dass die Proportionen des Durchschnittsgesichts nicht attraktiver sind als Proportionen des prototypisch attraktiven Gesichts.

Das Ergebnis widerspricht den Vorhersagen der Durchschnittshypothese: Die Proportionen des Durchschnittsgesichts sind lediglich schöner als die Proportionen unattraktiver Gesichter, aber nicht schöner als die Proportionen attraktiver Gesichter. Es gibt also Merkmale, die von der durchschnittlichen Norm abweichen (z.B. schmales Gesicht, hohe Wangenknochen) und gerade dadurch ein Gesicht attraktiv machen (siehe auch Merkmale eines schönen Gesichts!).

Wenn es also nicht die Gesichtsproportionen sind, die gemorphte Durchschnittsgesichter attraktiv machen, dann muss es die schönere Haut sein. Um dies zu klären, stellten wir für jedes Geschlecht zwei Gesichterpaare her, die in ihren Gesichtsproportionen identisch waren. Durch Konstanthalten der Gesichtsproportionen konnten wir verschiedene Gesichtsoberflächen (Haut) in Paarvergleichsexperimenten miteinander vergleichen. Dabei wurde die Haut des Durchschnittsgesichts mit der Haut des prototypisch attraktiven und des prototypisch unattraktiven Gesichts verglichen (Details siehe Bericht!).

Es zeigte sich, dass es die jung wirkende, glatte, makellose Haut der gemorphten Durchschnittsgesichter ist, die die Gesichter so attraktiv macht. Interessant dabei ist, dass auch bei Männergesichtern eine feine, glatte, makellose Haut als attraktiv wahrgenommen wird.

 

Bei diesem Paarvergleich wurden verschiedene Gesichtsoberflächen miteinander verglichen, indem die Gesichtsproportionen konstant gehalten wurden. Beide Gesichter bestehen in ihren Proportionen zu 50% aus dem prototypisch unattraktiven Gesicht und zu 50% aus dem Durchschnittsgesicht.
Der Unterschied: Das linke Gesicht besitzt die Oberfläche (Haut) des unattraktiven Gesichts - das rechte Gesicht die Oberfläche des Durchschnittsgesichts.
Obwohl die Haut des Durchschnittsgesicht viel künstlicher aussieht, wird sie dennoch attraktiver beurteilt, vermutlich weil sie brauner und makelloser ist.

Durch die Experimente zur Schemaanpassung von Gesichtern konnte eindeutig gezeigt werden, dass nicht die Gesichtsproportionen, sondern die Haut durchschnittliche Gesichter attraktiv machen. Die Durchschnittshypothese ist - angewendet auf Gesichtsproportionen - damit widerlegt!

 Buchtipp:

Hergovich, Andreas (Hrsg.) (2002). Psychologie der Schönheit. Physische Attraktivität aus wissenschaftlicher Perspektive.
Gibt einen allgemeinverständlichen und recht breiten Überblick über die moderne Attraktivitätsforschung.
Mehr dazu

Weitere Buchtipps von Beautycheck